Am 18.05.2021 trafen sich die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes online mit Ministerpräsidenten Armin Laschet und dem Minister der Finanzen Lutz Lienenkämper. Mit dem Gespräch wurde der seit letztem Jahr in recht einseitiger Form geführte "Austausch" über mögliche Attraktivitätssteigerungen für den öffentlichen Dienst in NRW abgeschlossen. Die Konferenz führte nicht zu neuen Erkenntnissen. Bis März 2022 sollen die von der Landesregierung einseitig verkündeten Maßnahmen in Kraft treten. Das war ernüchternd.
Die Gewerkschaften waren mit der Erwartung in das Gespräch vom 18.05. gegangen, dass die Landesregierung sich mit den im DBB-Schreiben vom 18.01.2021 formulierten Vorschlägen und Ideen auseinandergesetzt hätte. Das war nicht der Fall.
Nachdem in der Besoldungsrunde 2019 die Ergebnisse der vorherigen Tarifverhandlungen zeit- und wirkungsgleich übernommen worden waren, hatte die Landesregierung mit den Gewerkschaften weitere Gespräche vereinbart. Einig waren sich die Gesprächspartner damals darüber, dass der öffentliche Dienst in NRW deutlich an Attraktivität gewinnen müsse, um insbesondere im Bereich der Nachwuchswerbung konkurrenzfähig zu bleiben. Dazu hatten die Gewerkschaften Stellungnahmen abgegeben und Konzepte vorgelegt.
Diese Zusammenstellung sollte in zwei Arbeitsgruppen aufgearbeitet werden. Daraus wurde aber nichts. Die Landesregierung beendete die gemeinsam eingerichteten Arbeitsgruppen im Januar nach der ersten Sitzung einseitig, ohne die Ideen und Anregungen der Gewerkschaften aufzunehmen oder zu kommentieren. Diese Grundhaltung setzte sich im Spitzengespräch vom 18.05.2021 fort.
Eine anschließend vorgelegte Zusammenfassung der in Verbindung mit der Attraktivierung geplanten Maßnahmen brachte teils alte, teils neue Erkenntnisse und einige ganz erstaunliche Verbindungen. Als wichtigste Maßnahme wurde erneut die zeit- und wirkungsgleiche Übernahme des Tarifabschlusses 2019 für Beamte und Versorgungsempfänger hervorgehoben. Daneben wurden die bereits im Koalitionsvertrag beschlossenen kommenden Personalentwicklungskonzepte und minimale Verbesserungen in der Gesundheitsvorsorge hervorgehoben.
Neu sind Maßnahmen zur vereinfachten Handhabung der Beihilfe (Programm "IBSY.NRW", Direktabrechnung von Krankenhauskosten) und Verbesserungen im Reisekostenrecht (u.a. soll die 30km-Grenze fallen! Klasse)). Diese Hinweise waren erfreulich, hatten aber aufgrund der langen Vorlaufzeit und der Diskussionen in den letzten 5 Jahren keinen direkten Zusammenhang mit der eigentlichen Attraktivitätsoffensive. Die Details werden zu prüfen sein.
Weitere Punkte sind zwar in der Aufstellung enthalten, haben aber keinen erkennbaren Zusammenhang mit einer Attraktivierung des öffentlichen Dienstes. Dazu gehört z.B. die schwer nachvollziehbare Gehaltserhöhung für wiedergewählte Bürgermeister und Dezernenten in Kommunen oder die Erhöhung der Aufwandsentschädigung für Führungskräfte der freiwilligen Feuerwehr. Oder auch die Absicht, die Nachwuchswerbung für alle Stellen im Landesdienst zu vereinheitlichen und den Wechsel zwischen den Landesbehörden deutlich zu vereinfachen.
Eine von den Gewerkschaften vehement geforderte Wochenarbeitszeitverkürzung wurde nicht angesprochen. Nicht einmal kommentiert. Dafür können die Beschäftigten zukünftig zur Füllung eines nur beschränkt nutzbaren "Langzeitarbeitszeitkontos" auf Urlaub verzichten oder sich freiwillig zu 3 Stunden mehr Wochenarbeitszeit verpflichten. Die Anregung der Gewerkschaften, mit Öffnungsklauseln wenigstens ressortspezifische Besonderheiten zu ermöglichen, wurden nicht aufgegriffen. Abschließend machten Ministerpräsident Laschet und der Minister der Finanzen Lienenkämper deutlich, dass durch die Corona-Krise keine finanziellen Spielräume für eine Weiterentwicklung des öffentlichen Dienstes mehr gesehen würden. Zusätzliche Strukturmaßnahmen und Mehrausgaben zur Attraktivierung seien ausgeschlossen, Einsparungen zukünftig unumgänglich.
Dazu die DSTG: Das gilt offensichtlich nicht für den übrigen Landeshaushalt NRW. Denn mit dem Pandemiegesetz aus April 2020 hat sich die Landesregierung einen Sonderfonds von 25 Milliarden € geschaffen, mit dem bis 2025 die besonderen Belastungen aus der Pandemie ausgeglichen werden sollen. Der ist noch lange nicht ausgeschöpft.
Davon, dass die Beschäftigten den Rest der Zeche zahlen sollen, war bisher nicht die Rede. Und wäre genau das Gegenteil der eigentlich mal beabsichtigten Attraktivierung. Es bleibt die Vermutung: Die Landesregierung will sich bis zu den Landtagswahlen am 15.05.2022 über die Runden retten, um danach das Thema "Attraktivität des öffentlichen Dienstes" endgültig zu den Akten legen. Wäre auch zu schön gewesen.