Am 24.05.2018 (Ds 17/2681) nahm der Finanzminister zur Entwicklung der Per-sonalsituation in der Finanzverwaltung Stellung. Insgesamt sind im Jahr 2016 889 Stellen frei geworden und in 2017 sogar 1020. Diese Abgänge konnten nur zum Teil ersetzt werden. Zählt man alle unbesetzten Stellen zusammen und verrechnet sie mit den Zugängen, hat die Finanzverwaltung in den Jahren 2016 und 2017 das Personal je eines großen Finanzamtes verloren.
Der Finanzminister beantwortete mit der Drucksache 17/2681 eine entsprechende Anfrage der Abgeordneten Monika Düker und Horst Becker von der Fraktion der GRÜNEN. Diese hatten sich auf Berichte der DSTG NRW bezogen, nach denen die Personalsituation in der Finanzverwaltung extrem angespannt sei.
Das wollten die Abgeordneten genauer wissen. Dazu fragten sie nach Einstellungs- und Abgangszahlen. Die Verwaltung legte entsprechende Angaben für die Jahre ab 2013 vor. Leider erschließen sich nicht alle Informationen auf den ersten Blick. Zusätzlich fehlen konkretere Angaben über den Tarifbereich, in dem gleichfalls die Abgänge die Zugänge bei Weitem überschreiten.
Kernstück der Stellungnahme ist ein differenzierter Überblick über die Personalabgänge. Allerdings nur für den Beamtenbereich. Hier die Daten ab 2015:
| Jahr | Zurruhe- setzungen | Vorgezogene Zurruhe- setzungen | Dienstun- fähigkeiten | Tod | Wechsel zu anderen Verwaltungen | Ent- lassungen | Summe |
LG 2.2 | 2015 | 18 18 24 | 20 * 15 27 |
1 4 | 1 0 2 | 17 17 26 | 3 4 3 | 59 55 86 |
LG 2.1 | 2015 | 104 101 91 | 213 219 295 | 48 53 48 | 9 10 14 | 77 85 104 | 101 62 78 | 552 530 630 |
LG 1.2 | 2015 | 24 17 39 | 85 139 164 | 44 40 44 | 8 6 8 | 4 5 10 | 30 42 39 | 195 249 304 |
* incl. Dienstunfähigkeiten
Auffallend ist zunächst, dass die regelmäßig mit besonderer Aufmerksamkeit begleiteten Wechsel zu anderen Arbeitgebern (Entlassungen auf eigenen Wunsch) in den letzten Jahren nicht angestiegen sind. Allerdings hat sich die Zahl in der LG 1.2 (m.D.) von 14 in 2013 inzwischen auf 39 in 2017 erhöht. Hier wirken sich die aus Sicht der DSTG und der Betroffenen unzureichende Aufstiegschancen aus.
Dramatischer sind die Wechsel zu anderen Verwaltungen (2017): zusammen 140 Abgänge in allen Laufbahngruppen. Offensichtlich haben auch andere Dienstherren (Bund, Kommunen, andere Verwaltungen) erkannt, dass in der Finanzverwaltung hervorragende Kräfte beschäftigt sind.
Besonders hoch ist die Zahl der vorgezogenen Zurruhesetzungen. In 2017 waren das zusammen 486 Stellen oder das Personal von zwei mittleren Finanzämtern. Obwohl hier natürlich die Einschränkung gilt, dass viele dieser "Fälle" lediglich die Chance nutzen, nach 45 Dienstjahren mit 65 abschlagsfrei in den Ruhestand zu gehen. Der bevorstehende Ruhestand wird so nur um wenige Monate vorgezogen.
Ein langfristiges Personalkonzept hätte eine Reihe der Probleme von heute ausgleichen können. Die jeweiligen Landesregierungen haben aber Einstellungen immer nur an der untersten Grenze der Bedarfsberechnungen, teilweise sogar darunter vorgenommen. Der Aufbau von Reserven für die absehbaren hohen Altersabgänge von heute war, trotz entsprechender Hinweise der DSTG, anscheinend unmöglich.
Und so kommt es auch in den kommenden Jahren zu weiterem Personalabbau: Den Abgängen aus 2016/2017 mit 889/1020 Stellen standen nach Berechnungen der DSTG nur 727/825 Neuzugänge gegenüber. Die Fehlbestände erhöhen sich noch um ausgeschiedene Tarifbeschäftigte und Teilzeitanteile, die auf die Neuzugänge entfallen. Damit ist die Finanzverwaltung NRW pro Jahr um die Belegschaft eines kompletten großen Finanzamtes geschrumpft. Das wird in den kommenden 3 Jahren und darüber hinaus so weiter gehen.
Die Vorschläge der DSTG, um kurzfristig wenigstens die vorhandenen Beschäftigten an die Finanzverwaltung zu binden, liegen auf dem Tisch: Anhebung der Eingangsämter zur Stärkung der Konkurrenzfähigkeit. Verbesserungen der Laufbahnstrukturen, Anhebung auch der Spitzenämter nach A10/A11 in der LG 1.2. und mindestens nach A 13 Z in der LG 2.1. Prämien für die verbleibenden Beschäftigten, die trotz rund 6 % Unterbesetzung die Arbeit bewältigen. Und im Tarif-bereich eine zügige Anhebung der Vergütungsgruppen für hochqualifizierte Arbeit im schwierigen Rechtsgebiet des Steuerrechts.