27.01.2015

AGENDA 2015: Schluss mit Zumutungen für den öffentlichen Dienst

Die dbb-Spitze wird sich für eine Rückkehr zur bundesweiten Einheitlichkeit von Beamtenbesoldung und -versorgung einsetzen. Auch die seit Jahren getrennten Tarifverhandlungen für die Arbeitnehmer von Bund und Kommunen einerseits und der Länder andererseits sollten wieder zusammengeführt werden. Das sagten der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt, Willi Russ, Zweiter Vorsitzender und Fachvorstand Tarifpolitik und Hans-Ulrich Benra, stellvertretender Vorsitzender und Fachvorstand Beamtenpolitik, im Interview mit dem dbb magazin (Ausgabe 1/2-2015).

In Deutschland sei seit der Föderalismusreform 2006 „ein beamtenrechtlicher Flickenteppich entstanden. 16 Bundesländer und der Bund kochen jeweils ihr eigenes Süppchen. Mit der Folge, dass besonders die Besoldung immer weiter auseinander driftet“, kritisierte dbb Chef Dauderstädt. Das führe zu viel Frust bei den Beschäftigten. „Was beispielsweise die Landesregierungen von NRW, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg in der letzten Einkommensrunde veranstaltet haben – zeitlich verzögerte Übertragung, nach Gehaltsstufen gestaffelte Übertragung, über Jahre gedeckelte Besoldungserhöhungen oder gleich Nullrunden –, ist eine unverschämte Zumutung“, ergänzte dbb Beamten-Vorstand Hans-Ulrich Benra.

Mit Blick auf die Chancen einer Rückkehr zum bundeseinheitlichen Beamtenrecht sagte dbb Chef Dauderstädt: „Das ist ein sehr dickes Brett, das da zu bohren ist. Immerhin ist dafür eine Verfassungsänderung notwendig, Teile der Föderalismusreformen müssten rückgängig gemacht werden. Aber im Bildungsbereich hatte die Politik ein Einsehen und hat das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern – auch ein Teil der Föderalismusreform – wieder aufgehoben. Wir werden nicht müde, das auch im Beamtenrecht als Option auf den Tisch zu legen.“

Auch im Tarifbereich des öffentlichen Dienstes seien es die Arbeitgeber, die aktuell nach einer Zwangstarifeinheit riefen, die selbst für eine Zerstückelung von Einkommens- und Beschäftigungsbedingungen sorgten, betonten die dbb-Spitzenvertreter. „Was wir ‚Einkommensverhandlung für die Länder‘ nennen, gilt ja auch nicht für alle Länder. Hessen ist nicht Mitglied der Tarifgemeinschaft. Berlin war es ebenfalls lange nicht, ist aber nun dabei, in den Schoß der Familie zurückzukommen.

Das sind weitere Beispiele für eine vom Arbeitgeber verursachte Zerstückelung der Tariflandschaft. Und wir dürfen die Scherben aufkehren. In dieser ‚Länder-Runde‘ geht es unter anderem darum, dass die Einkommensunterschiede im öffentlichen Dienst nicht weiter wachsen. Und die Länder haben gegenüber Bund und Kommunen bereits einen Rückstand aufgebaut. Das kann so nicht weitergehen“, machte dbb Tarifvorstand Willi Russ deutlich. Für die anstehende Länder-Einkommensrunde unterstrich er noch einmal die Maßgabe: „Die Haushalte können nicht allein auf dem Rücken der Beschäftigten saniert werden. Die haben einen Anspruch auf Teilhabe an der guten wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland. Denn ohne einen funktionierenden öffentlichen Dienst wäre diese wirtschaftliche Entwicklung gar nicht möglich.“ Zudem müssten die Einkommen im öffentlichen Dienst konkurrenzfähig sein, damit die Zahl und Qualität der Bewerber nicht abnehme. „Abertausende fehlende oder unbesetzte Stellen. Und das angesichts der Tatsache, dass 25 Prozent der Beschäftigten schon heute älter als 55 Jahre sind und bald ausscheiden. Woher sollen die Leute denn kommen? Qualität und Umfang der staatlichen Leistungen werden schrumpfen, wenn wir nicht gegensteuern“, so Russ.

In Sachen Übertragung der so genannten „Mütterrente“ auf den Beamtenbereich kündigte dbb Beamten-Vorstand Hans-Ulrich Benra an, dass der dbb die bessere Würdigung der Leistungen von Eltern bei der Erziehung weiterhin einfordern werde. „Wenn wir die Beamtenversorgung als eigenes System stärken wollen, brauchen wir nicht die altbewährte systemkonforme wirkungsgleiche Übertragung der Verbesserungen in der Rente auf die Beamtenversorgung.

Sondern wir müssen in diesem Punkt ganz weg von der dynamischen Verweisung aus dem Rentenrecht und hin zu einer eigenständigen beamtenrechtlichen Lösung. Und weil Beamte ebenso gute Leistungen bei der Kindererziehung erbringen, sollten diese auch ebenso gut bei ihrer Versorgungen berücksichtigt werden. Die Ankündigung des Bundesinnenministers, das zu prüfen, begrüße ich ausdrücklich.“

Auch über das Staatsverständnis an sich will der dbb in Zukunft mehr sprechen: Der öffentliche Dienst müsse so ausgestaltet sein, dass er von den Bürgern als Partner und nicht wie heute oft als Gegner wahrgenommen werde. „Dafür brauchen wir endlich eine Verständigung darüber, welchen öffentlichen Dienst unsere Gesellschaft will. Welche Leistungen brauchen wir? Und sind wir bereit, das auch zu bezahlen?“, sagte dbb Chef Dauderstädt. „Wir haben in der Vergangenheit so manche bittere Pille geschluckt, weil wir davon überzeugt waren, dass der öffentliche Dienst nicht außen vor bleiben kann, wenn die Gesellschaft insgesamt Opfer bringen muss. Aber zuletzt ist bei uns das Gefühl entstanden, dass etwas aus dem Lot geraten ist. Da muss es wieder mehr Verständigung geben, da muss die Politik sich noch mehr und noch besser erklären.“