17.12.2015

Flüchtlingshilfe: "Was machen unsere Leute eigentlich?"

- Ein Interview mit Karin Woll, Amtsbetriebsprüferin FA Mülheim a.d. Ruhr -

 

Karin Woll hatte sich freiwillig zum Flüchtlingseinsatz gemeldet. Sie ist bei der Bezirksregierung Düsseldorf in der Koordination der Hilfe eingesetzt. Die Redaktion hat sie besucht, um aus erster Hand zu erfahren, was die Kolleginnen und Kollegen dort so alles erwartet.

 

? Was waren Ihre Beweggründe, sich für ein Engagement bei der Flüchtlingshilfe zu entscheiden

 

! Eigentlich hatte ich 2 Beweggründe: Zum einen habe ich mich schon immer sozial engagiert, bin in kirchlichen Einrichtungen tätig gewesen, bevor ich in der Finanzverwaltung angefangen habe und bin ein Mensch, der gern hilft, wo es brennt. Zum anderen kam mir nach meiner freiwilligen Meldung allerdings auch der Gedanke, dass es eine Chance ist, etwas anderes im Arbeitsalltag zu erleben. Natürlich bietet die FV viele verschiedene Stellen und Möglichkeiten, unterschiedlich tätig zu werden. Aber mal etwas ganz anderes zu machen, für einen überschaubaren Zeitraum, das ist wirklich spannend.

 

? Werden Sie in Ihrem Aufgabengebiet im Finanzamt adäquat vertreten

 

! Im Finanzamt bin ich in der Betriebsprüfung eingesetzt. Eine Vertretung wird es für die Zeit nicht geben, aber natürlich habe ich die Steuerberater informiert, bei denen ich zurzeit prüfe, dass ich mich zu den Fällen erst in einem halben Jahr wieder melde.

 

? Wie sieht Ihre Tätigkeit in Ihrem neuen Aufgabengebiet konkret aus

 

! Ich bin in der Bezirksregierung Düsseldorf im sogenannten Back-Office-Bereich eingesetzt. Das bedeutet, ich mache viel Organisation im Hintergrund. Momentan beschäftige ich mich mit den eingehenden Angeboten für Betten und Möbel oder Wohncontainer. In den vergangenen Wochen hatte ich schon Kontakt zu fast allen Kommunen, die eine Notunterkunft betreiben, da ich über Verträge zur Kostenübernahme informiert habe. Mal sehen, was in der kommenden Woche auf mich wartet. Es macht auf jeden Fall Spaß, sich in die unbekannte Materie einzuarbeiten. Wahre Pionier-Arbeit!

 

? Was war Ihre bisherige interessanteste Erfahrung in Ihrer neuen Tätigkeit

 

! Ich glaube, momentan ist hier alles ziemlich spannend und interessant, weil einfach jeden Tag etwas Neues passiert und kein Tag wie der andere ist. Das Dezernat 20 für die Unterbringung von Flüchtlingen gibt es erst seit September 2015. Zuständigkeiten sind noch nicht geklärt, Strukturen täglich im Umbruch. Vielfach sind die Personen, die anfänglich hier tätig waren, schon wieder zurück auf ihren üblichen Arbeitsplätzen. Wir bauen jeden Tag ein Stück Verwaltung auf und geben ihm eine Struktur. Dazu sind viele Team-Besprechungen und Absprachen nötig.

 

? War es für Sie die richtige Entscheidung

 

! Ich persönlich bereue es nicht, mich freiwillig für die Aufgabe der Flüchtlingshilfe gemeldet zu haben. Ich denke, wir leisten hier mit der Organisation im Hintergrund eine sinnvolle Arbeit, die dem folgenden Personal, das extra für diese Sonderaufgabe eingestellt werden soll, den Arbeitsalltag sicherlich erleichtern wird. Ich weiß, dass ich jederzeit ins Finanzamt zurückgehen könnte, denke aber, solange ich hier gebraucht werde, werde ich die halbjährige Abordnung nicht frühzeitig beenden.