Seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das seit 10. Juli 2015 geltende Tarifeinheitsgesetz (TEG) erläutert der dbb gegenwärtig in einer mündlichen Anhörung vor dem Bundesverfassungsgericht am 24./25. Januar 2017. „Wir freuen uns, dass der Erste Senat unsere Einwände, die wir im Wege der Verfassungsbeschwerde bereits vorgetragen haben, nun auch im Rahmen einer mündlichen Verhandlung ausführlich prüfen will“, sagte dbb Chef Klaus Dauderstädt in Karlsruhe.
„Das TEG ist verfassungswidrig, praktisch insbesondere im öffentlichen Dienst nicht anwendbar und gesellschaftspolitisch nachteilig“, betonte Dauderstädt. Genau das habe den Verfassern „dieses unmöglichen Gesetzes“ bereits während des Gesetzgebungsverfahrens eine überwältigende Zahl namhafter Sachverständiger ins Stammbuch geschrieben. „Wider besseres Wissen ist das Gesetz vom Bundestag in Kraft gesetzt worden. Schwerwiegende und in keiner Weise annehmbare Einschränkungen von Grundrechten werden nachhaltigen Schaden in der bundesdeutschen Gewerkschaftslandschaft anrichten.
Die drohende Zerrüttung des Betriebsfriedens wird auch für viele Arbeitgeber von nachteiliger Wirkung sein. Darüber hinaus wirft das Gesetz auch beim Versuch einer Umsetzung gleich mehrere unlösbare Probleme auf. Dies macht deutlich, dass das gesamte Projekt nicht geeignet ist, die Tarifautonomie in Deutschland zu stärken“, so der dbb Bundesvorsitzende. Dauderstädt zu den zahlreichen praktischen Problemen bei der Umsetzung des TEG: „Wer ermittelt die Gewerkschaftszugehörigkeit, auf welcher rechtlichen Grundlage überhaupt? Wer definiert die Betriebsmehrheit? Alles ungeklärt. Die Arbeitsgerichte stehen vor unlösbaren Aufgaben, und die Berufsgewerkschaften sind in Gefahr, weil ihre ureigenste Daseinsberechtigung in Frage gestellt wird. Das ist nicht hinzunehmen“, machte der dbb Chef klar.
dbb Vize Willi Russ ergänzte den Kanon der „Fragen, die das TEG vollkommen unbeantwortet lässt: Warum überhaupt braucht es ein solches Gesetz? Hält dieses Land, dessen Wirtschaft und Gemeinwesen bislang sehr gut mit der Tarifautonomie der Sozialpartner gefahren sind, keine Streiks aus, die zahlenmäßig deutlich unter dem europäischen Durchschnitt liegen? Warum mischt sich der Gesetzgeber überflüssigerweise ein, zerstört den Betriebsfrieden und treibt die Gewerkschaften in einen harten Konkurrenzkampf?“, so der Tarifvorstand des dbb.
Das vom TEG vorgeschriebene Mehrheitsprinzip sei kein grundgesetzkonformes Kriterium, weil es die Organisationsfreiheit der Arbeitnehmer in unzulässiger Weise einschränke, wenn diese sich berufsspezifisch oder weltanschaulich orientiert organisieren wollten: „Der Koalitionsfreiheit ist aus sich heraus jedes Zählverfahren fremd“, unterstrich Russ.