Aufgrund eines Antrages der FDP lud der Landtag zu einer Sachverständigenanhörung über das Grundsteuermodell ein. Die DSTG NRW war als Interessenvertretung der Beschäftigten eingeladen, im Haushalts- und Finanzausschuss zur Meinungsbildung der Abgeordneten beizutragen.
Die Fachgewerkschaft machte deutlich, dass die Neuberechnung von 6,2 Mio. Grundsteuermessbescheiden zeitnah, also bis zum 01.01.2025, nicht in Frage komme und nicht zu bewältigen sei. Und darüber hinaus das eigentliche Problem der Kommunen, die erheblichen Differenzen bei den Wertermittlungen, dadurch nicht gelöst würde. Die DSTG plädierte für die Anwendung gesplitteter Hebesätze durch die Kommunen und regte an, bundesweit über die Daseinsberechtigung der Grundsteuer zu diskutieren.
Die Landespolitik hat ein Dilemma erkannt: Die erste Hauptfeststellung nach 58 Jahren hat tatsächlich zu erheblich abweichenden Grundstückswerten geführt. Diese hatte man im Vorfeld, also ohne die Werte zu kennen, durch geänderte Grundsteuermesszahlen abfedern wollen. Hat aber nicht geklappt. Jetzt herrscht Ratlosigkeit insbesondere bei den Kommunen, wie denn die versprochene aufkommensneutrale Gestaltung der zukünftigen Grundsteuer aussehen könnte. Und weil in 2025 Kommunalwahlen sind, will man hier nichts falsch machen.
Die Auswertung der sich nach der Hauptfeststellung ergebenden Grundstückswerte hat ergeben, dass die Anwendung des Bundesmodells sowohl regional als auch differenziert nach Grundstücksarten teils sehr unterschiedliche Werte ergeben hat. Dies würde bei der Grundsteuerfestsetzung dazu führen, dass vielfach für Wohngrundstücke deutlich mehr, für Geschäftsgrundstücke deutlich weniger Grundsteuer zu zahlen wäre. Jetzt wird von den Kommunen gefordert, die Grundsteuermessbescheide durch Anwendung landeseinheitlicher Messzahlen zu ändern. Und erneut 6,2 Mio. Grundsteuermessbescheide zu erlassen.
Die Landesregierung plant, es bei den Messzahlen zu belassen, also keinen neuen Bescheide zu fertigen. Stattdessen soll den Kommunen die Anwendung unterschiedlicher Hebesätze für Wohn- oder Geschäftsgrundstücke ermöglicht werden. Dazu bedürfte eines Landesgesetzes, zu dem es aber bisher keine unstreitige rechtliche Position und erst recht keine Vorlage gibt.
Die DSTG NRW hat sich in ihrer Stellungnahme vom 03.04.2024 (siehe Anlage) der Auffassung der Landesregierung angeschlossen. Passiert auch nicht jeden Tag. Die Fachgewerkschaft lehnt die Änderung von 6,2 Mio. Grundsteuermessbescheiden ab. Und verweist darauf, dass eine komplette Neubearbeitung selbst bei funktionierender technischen Unterstützung bis zu Jahresende verwaltungstechnisch nicht umsetzbar sei. Zumal dadurch die von Kommune zu Kommune sehr unterschiedlichen Wertentwicklungen lediglich landeseinheitlich und nicht mit der notwendigen regionalen Differenzierung erfasst würden.
Die DSTG sieht in dem Verfahren der gesplitteten Hebesätze die Chance für die Kommunen, eine aufkommensneutrale Umsetzung der Grundsteuerreform zu realisieren. Muss man dann aber auch wollen. Die Mehrarbeit in den Kommunalverwaltungen sollte überschaubar bleiben. Die politischen Prozesse zur Findung der örtlichen Hebesätze wären aus der Sicht der DSTG als Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung zu sehen.
Im Rahmen der Stellungnahme regt die DSTG an, bundesweit zwei weitere Überlegungen in den Blick zu nehmen. So könne die Grundstückswertfeststellung in Zukunft komplett durch die Kommunen erfolgen. Es gibt keinen steuerübergreifenden Einheitswert mehr. Mit der im Rahmen der Hauptfeststellung erfolgten Vorbereitung durch die Länder könnten die Kommunen einen bereinigten Datensatz übernehmen, der Dank der Nähe zu Katasterämtern, Meldeämtern und Stadtkassen immer aktuell gehalten werden könnte.
Wenn dies den Kommunen zu aufwendig ist, bliebe noch die Abschaffung der Grundsteuer. Das bundesweite Steueraufkommen beträgt lediglich 14 Mrd. €. Bei staatlichen Gesamtsteuereinnahmen von rund 1.000 Mrd. € sollte sich ein Weg finden, den Kommunen die entfallende Grundsteuer durch andere Wege und für den Bürger belastungsgleich zu erstatten. Der gesamte bürokratische Aufwand für Bürger und Staat würde entfallen. So geht Entbürokratisierung. Muss man aber nicht nur von reden, sondern machen. Wurde im Landtag bisher nicht diskutiert.
Schon im Vorfeld der Anhörung hatte der Finanzminister eine Parlamentsdebatte dazu genutzt, die außerordentlichen Leistungen der Beschäftigten der Finanzverwaltung in Zusammenhang mit der Bewältigung der Grundsteuerreform hervorzuheben. Deutliche Worte der Anerkennung, die im Landtag an der richtigen Stelle sind.
Die DSTG hat diese Leistungen gleich mehrfach auch in der Anhörung betont. Denn wenn es irgendwann wieder darum geht, dass Anerkennung und Wertschätzung auch Geld kosten können, brauchen wir die Unterstützung des Finanzministers und des Landtages.