Am 6. Juni wird nicht nur der örtliche Personalrat gewählt, sondern auch die Stufenvertretungen bei der OFD und dem MdF. Unsere Spitzenkandidaten Thomas Quast für den Bezirkspersonalrat (BPR) bei der OFD NRW und Rainer Vollmer für den Hauptpersonalrat (HPR) beim MdF treten an, um sich als Vorsitzende für Ihre Interessen zu engagieren. Der Blickpunkt fragt nach Zielen und Herausforderungen für die kommenden Jahre.
? Welche drei Themen haben Euch in den letzten vier Jahren am meisten beschäftigt
QUAST (BPR): Es waren mehr als drei Themen. Ich denke da an die Pandemie (Corona), an den Bürgerservice, die Grundsteuerreform, die vielen nicht besetzten Stellen, die Probleme bei der Automation, die ständig steigende Arbeitsbelastung insbesondere in den Veranlagungsstellen. Aber auch daran, dass immer weniger qualifizierte Bewerbungen eingehen. Ich habe das Gefühl, dass dank der Politik und der ständigen Weiterentwicklung der Organisation in immer kürzeren Abständen neue 'Projekte' oder 'Arbeitsfelder' auf uns zukommen. Da müssen Verwaltung und Personalvertretung gemeinsam ran. Das wird auch in den kommenden Jahren spannend bleiben. Besonders stolz können wir darauf sein, wie wir alle gemeinsam die Corona Pandemie gemeistert haben. Verwaltung und Personalvertretung haben schnell agiert und zusammen gute Lösungen für alle gefunden.
VOLLMER (HPR): Corona war eines der Hauptthemen, mit all seinen Veränderungen und Herausforderungen. Das hätten wir uns alle gern gespart. Auch die Grundsteuerreform hat uns intensiv beschäftigt. Das wichtigste Thema aber war und ist die enorme Arbeitsbelastung. Die macht vor keiner Stelle im Finanzamt halt. Vom Hausmeister bis zum Dienststellenleiter ist diese Arbeitsverdichtung erkennbar. Das liegt nicht zuletzt am fehlenden Personal, eine weitere Herausforderung, auch für die Personalvertretung. Weitere Kernthemen des HPRs befassten sich mit den Rahmenbedingungen unserer Arbeit: Dazu gehören Arbeitszeiten, Bezahlung, Unterbringung, Ausbildung, Automation und Arbeitsmenge.
? Womit beschäftigt Ihr Euch im BPR/HPR aktuell
QUAST (BPR): Aktuell geht es vordringlich um die extreme Arbeitsbelastung. Durch die hohen Rückstände sowie die steigende Zahl der Listen, ist der Druck besonders in den Veranlagungsbezirken immer stärker geworden. Nach Auffassung der OFD NRW - und diese Auffassung teile ich - haben die verlängerten Abgabefristen der vergangenen Jahre zu einem deutlich veränderten Erklärungseingang geführt. Klar, dass daher die Erledigungsquoten der Vorjahre nicht erreicht werden können. Die Rückführung dieser Fristverlängerungen macht es nicht einfacher. Und dann kommen noch die Schätzungen und verschiedene Rechtsänderungen hinzu. Der BPR kann sich hier eine Lösung nur durch eine deutliche Steigerung der automatischen Veranlagung und eine verbesserte IT-Unterstützung vorstellen. Daneben muss die Listenbearbeitung auf das Notwendigste reduziert werden. Da sind auch die Führungskräfte gefordert.
VOLLMER (HPR): Der HPR setzt sich aktuell unter anderem für mögliche Verbesserungen und Entwicklungsmöglichkeiten für erfahrene Kolleginnen und Kollegen ein. Das gilt in allen Laufbahngruppen und für unsere Regierungsbeschäftigten. Zu einem zukunftsfesten Berufsbild gehören gute Entwicklungschancen zwingend dazu. Die Nachwuchsgewinnung ist ein weiteres Thema im HPR. Rund 1500 unbesetzte Stellen sind zu viel. Aber wie gelingt es die Anzahl der Bewerbungen zu erhöhen, und so geeignete Nachwuchskräfte zu gewinnen? Gemeinsam mit der Jugend- und Auszubildendenvertretung suchen wir nach Ideen und Anregungen für unsere Finanzverwaltung. Lösungen könnten ein möglicher Einstellungstest bis hin zu einer engeren Begleitung während der Ausbildung sein.
? Wo seht ihr in den kommenden vier Jahren die größte Herausforderung
QUAST (BPR): Ganz klar: Personal 'Holen & Halten'. Bei im Schnitt 1500 unbesetzten Stellen sind umgerechnet acht mittelgroße Finanzämter unbesetzt. Und es ist zu befürchten, dass sich die Situation weiter verschärfen wird. Das kann so nicht bleiben, die unbesetzte Stelle von heute ist die Mehrarbeit von morgen. Uns gelingt es kaum noch, die Ausbildungsplätze mit qualifiziertem Personal zu besetzen. Wir verlieren in der LG 2.1 bis zum Ende der Ausbildung rund dreißig Prozent der Anwärter, in der LG 1.2 bewegen wir uns auf rund zwanzig Prozent zu. Dazu kommt eine steigende Zahl von Kündigungen nach der Laufbahnprüfung bzw. ein Wechsel zu anderen Behörden. Meiner Meinung nach müssen wir als Finanzverwaltung insgesamt attraktiver werden. Die Wochenarbeitszeit und auch die Eingangsbesoldung sind nicht mehr zeitgemäß. Die Arbeit muss so strukturiert werden, dass unsere Kolleginnen und Kollegen in den Finanzämtern sich als Teil einer attraktiven und funktionierenden Verwaltung sehen. Das Gefühl einer Überlastung oder Überforderung darf erst gar nicht entstehen. Wir müssen durch Mitarbeiterorientierung und den gezielten Einsatz von KI einen attraktiven Arbeitsplatz in den Finanzämtern bieten. Massenarbeiten müssen der Vergangenheit angehören, das kann der 'Computer' machen.
VOLLMER (HPR): Die Herausforderungen im HPR und BPR überschneiden sich. Schwerpunkte werden in den kommenden Jahren die Reduzierung der Arbeitsbelastung und die Erhaltung der Attraktivität des Arbeitsplatzes 'Finanzverwaltung' sein. Dazu gehören viele Be reiche: Briefwahl: Ich verschenke meine Stimme nicht! Die offenen Stellen müssen endlich besetzt werden. Die Aufgaben der Finanzverwaltung müssen auf den Prüfstand - und reduziert werden. Die IT-Unterstützung ist zu verbessern, beim Einsatz von KI sind die Risiken im Auge zu behalten. Die Beförderungssituation ist zu stabilisieren und zu verbessern. Das Berufsbild muss weiterentwickelt werden - natürlich zusammen mit den Beschäftigten und der Personalvertretung. Gesundheitsmanagement und Mitarbeiterzufriedenheit müssen bei Veränderungen stärker in den Fokus. Und: Es müssen Antworten gefunden werden auf neue Herausforderungen wie die fortschreitende Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf die Arbeitsabläufe. Gelebte Wertschätzung, leistungsgerechte Bezahlung und Auf stiegs- und Qualifizierungsmöglichkeiten sind hier notwendige Elemente. Da haben wir als Personalvertretung viel vor in den kommenden Jahren.
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