12.06.2017

Reportage: Kantine Siegburg - "Du kommst hier nicht rein!"

Türsteher an der Kantine im FA Siegburg! Man könnte meinen, dass die Bediensteten eines des personalstärksten Finanzämter (426 Beschäftigte) in NRW besonders aggressiv sein müssten, wenn jetzt schon einen Türsteher die Kantine bewacht. Aber das wäre vielleicht wirklich zu weit hergeholt. Nicht zu weit hergeholt schien es allerdings, die Kantine seit Februar 2017 nur noch für 30 Bedienstete gleichzeitig zugänglich zu machen. Mangels eines zweiten Fluchtweges müsse diese Vorsichtsmaßnahme im Sinne des Brandschutzes getroffen werden.

 

Sieben Jahre nichts unternommen

 

Kein Quatsch! Dass diese Mängel bereits seit sieben Jahren bekannt sind und eben solang nicht zu Nutzungseinschränkungen führten, lässt die Beschäftigten rätseln. Denn in diesen sieben Jahren ist rein nichts unternommen worden, um den plötzlich "dramatischen" Mangel zu beheben. Für die Einnahme des Essens muss jetzt ein Schichtplan her. Auch wurden bereits geeignete andere Räumlichkeiten gesucht und gefunden, in denen kleinere Gruppen zumindest ihr Mittagessen einnehmen können. Allerdings wird die Kantine ebenfalls als Gemeinschaftsraum genutzt, um beispielsweise Schulungen abzuhalten. Das geht jetzt nicht mehr. FA Siegburg, eine fortbildungsfreie Zone oder Großveranstaltungen in Kleingruppen? Schwer vorstellbar.

 

Behinderte fürchten um Arbeitsplatz

 

Die Kantine in Siegburg wird derzeit von einem integrativen Unternehmen, der DK Integrationsbetriebe GmbH betrieben. Die Reduzierung der Besucherzahl führt zu deutlichen Einschnitten im Umsatz. Sollte also der Kantinenbetrieb durch die unsägliche Situation einbrechen, würden Menschen mit Einschränkungen unmittelbar um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen. Derzeit muss tatsächlich der Betreiber dafür Sorge tragen, dass jemand an der Kantinentür Wache hält, damit die zulässige Gesamtpersonenzahl nicht überschritten wird. Bei der Frage nach der Sinnhaftigkeit und dem Grad des verantwortlichen Handelns setzt man in Siegburg noch einen oben drauf: In einigen Stichfluren zum Hauptgebäude ist ebenfalls kein zweiter Fluchtweg vorhanden. Hier sitzen Kolleginnen und Kollegen und gehen ihrer täglichen Arbeit nach. Obwohl die Situation vergleichbar mit der Kantine ist, ist eine Beschränkung auf 30 Personen pro Flur nicht vorgesehen. Die Büros können (und müssen) weiterhin uneingeschränkt genutzt werden.

 

Minister muss helfen

 

Der ein oder andere wird sich fragen, ob denn schon wieder der erste April ist. Wir fragen uns hier eher: Wer trägt eigentlich die Kosten für den Türsteher an der Kantine, der ja nur aufgrund der Nachlässigkeit bei der Bauunterhaltung notwendig ist? Wieso zählen die Beschäftigten des Kantinenbetriebs nicht zu den 30 Personen? Wer übernimmt die Verantwortung für die Folgen, die diese Maßnahme haben kann? Und zum Schluss: Wann wird die Verwaltung und der BLB eine geeignete Lösung finden, um den wichtigen Gemeinschaftsraum wieder für alle Bediensteten zugänglich zu machen? Der DSTG-Ortsverband hat sich jetzt direkt mit einem Brief an Finanzminister Norbert Walter-Borjans gewandt. Darin werden die Missstände aufgezeigt und eine schnelle Abhilfe gefordert. Nach sieben Jahren ist die Geduld der Beschäftigten am Ende. Ganz egal, wer an der Regierung ist, ob die Verantwortung in der Finanzverwaltung oder beim BLB als Vermieter zu suchen ist: Die Zeit für Zuständigkeitsgerangel ist abgelaufen. Jetzt muss der Minister helfen!