26.01.2017

Kommentar: Steuerfahndung im Wandel der Zeit

von Klaus-Peter Ulm,
Personalratsvorsitzender beim STRAFA - FA Bochum

 

Bereits vor über 20 Jahren prägte der damalige Landesvorsitzende der DSTG, Wilfried Hegemann, den Ausdruck der "Bananenrepublik". Hintergrund waren damals Steuerausfälle in 2-stelliger Milliardenhöhe allein durch Umsatzsteuerbetrügereien aufgrund allzu durchlässiger Steuergesetze. Damals zweifelten Presse und Politik noch die Höhe dieser Steuerausfälle an. Hat sich diese Situation bis heute verändert?

 

Und haben wir die Mittel und das nötige Personal, um dagegen zu steuern?

 

Häufig haben sich Politiker schon zur Steuerfahndung geäußert: "Steuerfahndung ist Spitze", "...gibt verdächtige Kontodaten an 19 Staaten weiter", "holt in NRW 75 Mio. € pro Jahr an Steuern herein" oder gar "Steuerfahndung ist sexy". Das hört sich in der Theorie auch gut an, die Praxis hingegen sieht anders aus. Aufgabenzuwächse, Ausstattungsdefizite, zunehmende Bürokratisierung sowie Beförderungsengpässe und Personalnot bestimmen oft den Alltag der Steuerfahndung. Darüber hinaus fordern die umgekehrte Beweislast, die komplizierte Rechtsprechung und die wachsende Zahl versierter Strafverteidiger eine immer umfangreichere Prüfungsdokumentation und eine längere Prüfungsdauer.

 

In den "Gründerjahren" der Finanzämter für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (seit dem 01.10.1986) wurde noch "zu Fuß" gefahndet. Während die Prüfungsschwerpunkte damals noch bei den Bargeldgeschäften (Restaurants, Taxi-Gewerbe, Schrotthandel usw.) lagen, wurde ab Mitte der 90er Jahre auch unser Geschäft durch den Wandel in der Gesellschaft und das digitale Zeitalter geprägt. Nun wurde im Bereich der Banken, Finanzdienstleister, Geldwäsche oder des Internet-Handels geprüft. Durch alle Jahre bis heute ziehen sich Verfahren u.a. im Schrotthandel, Gerüstbauer Umsatzsteuerkarussellgeschäfte oder Verfahren wegen Korruption/Schmiergeld, um nur einige zu nennen.

 

Heute gehören die Prüfungen mit internationalen Verflechtungen (CD-Ankäufe / Panamapapers), der OK (Organisierte Kriminalität), Drogen, Prostitution, selbst der rechten Szene und aktuell die sogenannten "Cum-Ex"-Verfahren zum Tagesgeschäft der Steuerfahndung. Damit einher geht auch eine immer mehr vernetzte Zusammenarbeit mit anderen Behörden wie z.B. der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) oder der Kriminalpolizei.

 

Der Hang unserer Kunden, Gesetze zu biegen und für sich zu missbrauchen, ist leider ungebrochen. Auch die Lust, im Verfahren bis vor Gerichte zu gehen, steigt erkennbar. Verteidiger nutzen nicht selten gerade die Steuerstrafverfahren, um sich zum Beispiel durch Verfahrensverzögerungen zu profilieren. Die DSTG ruft seit Ende September 2015 den Tag der Steuergerechtigkeit aus. Plakatiert wurden 1.000 fehlende Steuerfahnder, um unentdeckte Steuerstraftaten aufzudecken. Durch die Löcher in der Personaldecke verliert unser Gemeinwesen jedes Jahr rd. 30 Milliarden Euro. Also immer noch "Bananenrepublik" ?!?

 

Also: Quo vadis Steufa? Wo geste hin? Mag ja sein, dass die Steuerfahndung "sexy" ist und öffentlichkeitswirksame Erfolge vorzuweisen hat. Das allein reicht aber auf Dauer nicht aus! Ohne die Zuarbeit der Kollegen der Finanzämter, der anderen Prüfungsdienste und ohne motivierte Straf-und Bußgeldsachenstelle lassen sich diese Erfolge auf lange Sicht nicht endlos wiederholen.

 

Für die Steuergerechtigkeit zu kämpfen, das hat die Arbeit in der Fahndung immer interessant und lohnend gemacht. Wenn die aktuelle Situation in der Steuerfahndung noch durch einen besseren Stellenplan attraktiver gemacht wird, wird sich an der Lust zu fahnden auch in Zukunft nichts ändern!