10.10.2016

Frauenförderung § 19 Abs. 6 LBG n.F.: Verwaltungsgerichte bezweifeln Gesetzgebungskompetenz

DSTG fordert Schadensbegrenzung

 

Den Anfang machte am 5. September 2016 das Verwaltungsgericht Düsseldorf(Az. 2 L 2866/16) und stufte die Neuregelung der Frauenförderung bzw. die Regelung zur Aufstellung einer Beförderungsliste nach § 19 Abs. 6 LBG NRW als verfassungswidrig ein. Dem Land fehle in dieser Frage die Gesetzgebungskompetenz, da der Bund die Einzelheiten bei Ernennungen in § 9 des Beamtenstatusgesetzesabschließend und für das Land nicht änderbar geregelt habe.

 

 

Kein Raum für landesrechtliche Regelungen

Zwischenzeitlich liegen auch die ersten Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Aachen (Az. 1 L 616/16 vom 16. September2016) und Arnsberg (Az. 2 L 1159/16 vom19. September 2016) vor. Die Entscheidungenuntermauern die Annahme einer fehlenden Gesetzgebungskompetenz, aber testieren auch eine Beeinträchtigung desverfassungsrechtlich verankerten Leistungsgrundsatzes(Art. 33 Abs. 2 GG).Die Gerichte verweisen auf die Gesetzgebungskompetenz des Bundes, der nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG die Zuständigkeit für statusrechtliche Fragender Beamten hat. Hiervon habe der Bund mit §9 des bundesweit geltenden Beamtenstatusgesetzes Gebrauch gemacht. Danach sind Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf das Geschlecht vorzunehmen. Für einschränkende landesrechtliche Regelungen sei kein Raum.

 

Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken

Darüber hinaus äußerten die Richter aber auch durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken. Zwar sei die Förderung der Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes grundrechtlich verankert, dieser verfassungsrechtliche Grundsatz schränke aber die Geltung des Leistungsgrundsatzes nach Art. 33Abs. 2 des Grundgesetzes für die Vergabeöffentlicher Ämter nicht generell ein. Es sei mit Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes vielmehr unvereinbar, eine Auswahlentscheidung ohne Ausschöpfung der Erkenntnismittel zur Qualifikation allein am Kriterium Geschlecht auszurichten. Genau das sei aber nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 6 Satz 2 und 3des Landesbeamtengesetzes vorgesehen.

 

DSTG will sachgerechte Frauenförderung

Die DSTG hat die Landesregierung aufgefordert, umgehend Schadensbegrenzung zu betreiben. Die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte sollten Anlassgenug sein, die Gültigkeit des § 19 Abs.6 Satz 3 LBG in der bisherigen Form aufzuheben und somit alle Beförderungslisten auf den Stand vor dem 1. Juli2016 wieder in Kraft zu setzen. Für die Diskussion, wie eine sachgerechte Frauenförderung in der Finanzverwaltung aussehen kann, steht die DSTG zur Verfügung.

 

Landesregierung geht zum Oberverwaltungsgericht

Die Landesregierung hat aber bereits angekündigt, in die nächste Instanz zugehen. Bleibt am Ende die Frage, ob das Oberverwaltungsgericht in Münster zu einem anderen Ergebnis kommt als seine Verwaltungsgerichte. Die DSTG unterstützt ihre Mitglieder in den Verfahren sowohl als Kläger wie als Beigeladene.

 

Erste Beförderungslisten gesperrt 

Im Zuge der Verfahren wurden die Beförderungslisten von A12 nach A13 im Bereich der Groß- und Konzernbetriebsprüfung und von A11 nach A12 in der Steuerfahndung zwischenzeitlich gesperrt. Das bedeutet: Aus gesperrten Listen wird bis zum Ende des Verfahrens nicht mehr befördert. Die Verfahrensdauer ist unbestimmt. In einzelnen, bisher nicht beklagten Beförderungslisten, kommt es aufgrund der neuen Sortierung 'zunächst' nur zu überschaubaren zeitlichen Verzögerungen in Bezug auf den Beförderungszeitpunkt, die von den Betroffenen mit Blick auf eine ansonsten klagebedingte Nichtbeförderung in Kauf genommen werden. Über kurz oder lang wird sich die Situation aber auch hierzuspitzen.

 

Wir sind für Sie ganz nah dran und werden über den Fortgang der Verfahren zeitnah informieren.